Stefan Doernberg

30. April 2020

 

Im Mai 1945 bewegte mich aber auch die Zukunft, die so gestaltet werden sollte, dass der Krieg endlich aus dem Leben der Völker verbannt würde.

Stefan Doernberg war 2008 zu Gast bei unserem Fest zum Tag des Sieges. Er wurde 1924 in Berlin in einer jüdischen Familie geboren. Sein Vater war Ingenieur, der 1917 aus der SPD aus- und in die USPD eintrat. Nach der Novemberrevolution wurde er Mitglied der KPD. 1933 emigrierte die Familie nach Frankreich und 1935 in die Sowjetunion. Dort trat er 1939 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) bei, 1941 dem Komsomol und 1943 der KPD. 1941 erwarb er das Abitur an der bekannten Karl-Liebknecht-Schule in Moskau.

Am Tag des Überfalls Nazideutschlands auf die Sowjetunion meldete er sich freiwillig zur Roten Armee und wurde zunächst im Raum Smolensk und bei Moskau eingesetzt. 1942 wurde er zeitweilig in einem Arbeitslager im Ural interniert, kehrte aber nach dem Besuch einer Schule der Kommunistischen Internationalen (Komintern) an die Front zurück. Von 1943 bis 1945 kämpfte er als Leutnant in der legendären Stalingrader Gardearmee und war als Politoffizier im Bereich Agitation gegenüber der deutschen Wehrmacht beauftragt. Er nahm mit der 8. Gardearmee an der Befreiung der Ukraine, Belorusslands und Polens und an der Befreiung Berlins teil.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1945 arbeitete Stefan Doernberg als Journalist und Hochschullehrer für Zeitgeschichte und als Direktor des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte in Berlin sowie des Instituts für internationale Beziehungen in Potsdam-Babelsberg. Sein Wirken blieb herausragend und einflussreich: als kritischer Historiker widmete er sich vor allem friedenspolitischen Themen.

Im Entspannungsprozess zwischen Ost und West, der 1975 bei der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) zur „Schlussakte von Helsinki“ führte, war er DDR-Repräsentant des „Helsinki-Komitees“. Ab 1982 vertrat er die DDR als Botschafter in Finnland.

Seit November 2008 war er Vorsitzender der DRAFD (Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland“ e.V.)

Am 3. Mai 2010 verstarb Stefan Doernberg in Berlin, unmittelbar vor einer geplanten Reise nach Moskau, wo er auf Einladung der russischen Regierung an den Feiern zum 65. Jahrestag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland teilnehmen sollte.