Ilja Kremer

30. April 2020

 

Sorgen machen wir uns in Russland vor allem wegen der geplanten NATO-Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine. Das schätzen wir in Moskau als Gefahr ein. Es ist eine Politik der Umkreisung, für die wir keinen Anlass gegeben haben. In den Verhandlungen über die deutsche Einheit hat man uns versprochen, dass eine solche NATO-Osterweiterung nicht stattfindet. Dieses Versprechen wurde gebrochen.

Dr. Ilja Kremer war 2009 zu Gast bei unserem Fest zum Tag des Sieges. Er wurde 1922 geboren. Ilja Kremer studierte Geschichte in Leningrad und Moskau. Nach dem Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion 1941 wollte er zur Roten Armee, wurde aber am Anfang nicht genommen, weil er kurzsichtig war. Stattdessen kam er als Student vier bis fünf Stunden am Tag zum Arbeitseinsatz in kriegswichtigen Betrieben.
 
Erst 1943, als die Rote Armee schon sehr große Verluste erlebt hatte, wurde er an die Front geschickt. So kam Ilja Kremer in eine Ausbildungseinheit, und 1944 zur Flakartillerie des 5. Korps der 1. Belorussischen Front. Sein Weg führte dann von Lublin über Warschau, Posen und Landsberg an der Warthe nach Berlin, wo er an der Befreiung der Stadt beteiligt war. Als er – wie viele andere Soldaten – seinen Namen an einer Säule im Reichstag hinterlassen hat, war er in Gedanken schon wieder zu Hause. Deshalb schrieb er mit dem Bleistift, den er aus einem zerstörten Schaufenster entnommen hatte, keinen militärischen Rang dazu, sondern: »Ilja Kremer, Universität Moskau«.
 
Weil er gut deutsch sprechen konnte, wurde er in Berlin für Übersetzungsaufgaben herangezogen und arbeitete bis November 1945 als Dolmetscher für die Rote Armee.
 
Nach Abschluss seines Studiums war er Politologe am Institut für Gesellschaftswissenschaften Moskau.
 
Ilja war Jahrzehnte für die FIR aktiv, als politischer Sekretär, als Vertreter des sowjetischen bzw. russischen Veteranenverbandes und als Berater für internationale Beziehungen. Die FIR hat ihn mit dem Michel Vanderborght Award geehrt und als Mitglied des Ehrenpräsidiums mehrfach bestätigt.
 
Ilja Kremer starb am 23. März 2020 im Alter von 98 Jahren in Moskau.