Rita Prigmore

2. Mai 2020

 

Ich sehe es als meine Aufgabe an, nicht zu schweigen, sondern meine Geschichte vor allem auch jungen Menschen zu erzählen, damit eine neue Generation von Jugendlichen heranwächst, die Respekt vor jedem Menschen hat und weiß, dass jede Art von Vorurteil am Ende in einer Katastrophe wie Auschwitz enden kann.

Rita Prigmore war am 9. Mai 2017 als Gast auf unserem Fest. Sie wurde als Rita Winterstein mit ihrer Zwillingsschwester Rolanda am 3. März 1943 in eine katholische Musikerfamilie in Würzburg geboren, ihre Mutter war Sängerin und Tänzerin am Theater. Sofort nach der Geburt wurden Rita und ihre Zwillingsschwester Rolanda den Eltern abgenommen und medizinischen Versuchen unterzogen. Die Geschwister wurden Opfer des „Arztes“ Werner Heyde, einem Schüler Josef Mengeles, der an der Würzburger Universitätsklinik Experimente an Zwillingen durchführte und später Leiter des staatlichen Euthanasieprogramms wurde. Rolanda starb im Alter von nur sechs Wochen. Rita leidet an den Folgen dieser an ihr verübten Folter Zeit ihres Lebens physisch und psychisch.
 
Ihre Mutter Theresia Winterstein und ihr Vater Gabriel Reinhardt wurden als Sinti von den Nazis verfolgt. Theresia wurde nach der Geburt der Zwillinge zwangssterilisiert.
 
1964 ging Rita mit ihrem Mann, dem US-Soldaten George Prigmore, in die USA. Im Jahr 1982 musste sie wegen ihrer Krankheit und ihres Kampfes um Entschädigung zurück nach Deutschland, da die deutschen Gerichte die Atteste der amerikanischen Ärzte nicht anerkannten. Ihre Mutter unterstützte sie in ihrem Kampf. Ihr Antrag auf Entschädigung wurde zweimal abgewiesen. Im Jahr 1988, 43 Jahre nach dem Ende des Naziregimes, erhielt Rita Prigmore schließlich eine Entschädigung.
 
Seit einem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz engagiert sie sich als Zeitzeugin. Rita Prigmore hat ihre Geschichte an vielen Orten und zu vielen Gelegenheiten erzählt, um in der Gesellschaft ein Bewusstsein für die Verfolgung von Sinti und Roma während der Nazi-Diktatur zu schaffen. Ihre Mutter Theresia war ebenfalls Aktivistin und gründete einen Verein, der für die Anerkennung der Sinti und Roma als Opfer des Nazismus kämpft und Anfang der 1980er Jahre die erste Frauenorganisation der Sinti. Als deren Präsidentin nahm sie als Sachverständige an Gerichtsverhandlungen teil.
 
2013 bekam Rita Prigmore den Würzburger Friedenspreis für ihr Engagement.