Kurt Gutmann
1. Mai 2020
Als ehemaliger Flüchtling appelliere ich an Unterstützung und Hilfe für Flüchtlinge, die heute zu uns kommen.
Kurt Gutmann war 2015 zu Gast bei unserem Fest zum Tag des Sieges. Er wurde als jüngster von drei Brüdern 1927 in Krefeld geboren. Sein Vater starb bereits ein Jahr später. Nach 1933 war die jüdische Familie Repressionen und antisemitischem Terror ausgesetzt. Kurt Gutman folgte seinem Bruder Fritz 1939 als Zwölfjähriger mit einem der letzten Kindertransporte nach Schottland.
Mit 17 Jahren meldete er sich bei der Britischen Armee und diente dort im 5. Royal Highland Bataillon (Schwarze Garde; Black Watch). Als seine militärische Ausbildung endete, war auch der Krieg aus. Er wurde später zu seinem Bedauern zumeist für militärische Routineaufgaben herangezogen, statt als Dolmetscher zur Strafverfolgung von Nazis beitragen zu können.
Zwei Jahre nach dem Krieg wurde er zur britischen Rheinarmee in Mülheim an der Ruhr versetzt, dort wo er geboren und aufgewachsen war. 1948 zog Gutmann nach Berlin, arbeitete als Dolmetscher und Radioredakteur in der späteren DDR.
Es dauerte Jahre, bis er mehr über das Schicksal seiner Familienangehörigen erfuhr. Seine Mutter und seinen ältesten Bruder Hans-Josef hat er beim Abschied am Bahnhof zum letzten Mal gesehen. Beide wurden ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten wurde ebenso zu seinem Lebensthema wie die Sühne für die Täter.
In Sobibor unterstützte er die Gestaltung einer kleinen Gedenkstätte und setzte dort einen Stein für seine Mutter Jeanette und Hans-Josef. Und er war daran beteiligt, dass mit John Demjanjuk, einem der Beteiligten am Massenmord, noch im hohen Alter der Prozess gemacht wurde. Während des Verfahrens, das zwischen 2009 und 2011 in München stattfand, war Kurt Gutmann der einzige deutsche Nebenkläger. Gegen das Vergessen kämpfte Kurt Gutmann auch als Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und als langjähriger Bürgerdeputierter im Kulturausschuss und in der Gedenktafelkommission. 2014 wurde er mit der Bezirksmedaille Friedrichshain-Kreuzberg ausgezeichnet.
Kurt starb am 27. Dezember 2018, wenige Wochen vor seinem 91. Geburtstag.