Edmund Hünigen

30. April 2020

 

Am 8. Mai 1945 kamen mir Zweifel, ob es nicht sinnvoller wäre, statt in Klagenfurt besser „zu Hause“ in den Sudeten, in Reichenberg, dem Humanismus, der Freiheit Andersdenkender und sozialer Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Edmund Hünigen war 2008 zu Gast bei unserem Fest zum Tag des Sieges. Er wurde 1921 in Hermsdorf in Nordböhmen geboren. Seine Eltern waren in der KPD aktiv, die Kinder gingen in den Arbeiter-Turn und Sportverein und bekamen ab 1934 die Drangsalierungen der Henleinbewegung zu püren. 17 jährig beteiligte er sich mit seinem Vater an dem Ausbau von Befestigungen an der tschechischen Grenze.
 
Als der Einmarsch der Wehrmacht bevorstand, fand die Familie in Prag Unterschlupf. Zwei Tage nach der Besetzung von Prag, kurz bevor sie nach Neuseeland emigrieren wollten, wurde sein Vater von der Gestapo verhaftet und kam in das KZ Sachsenhausen und später in das KZ Flossenbürg. Seine Mutter und seine Schwester konnten nach England fliehen. Edmund musste in Prag bleiben, dort besuchte er die tschechische Gewerbeschule und war Mitglied einer illegalen Gruppe, die Widerstandsarbeit leistete. Er machte eine Ausbildung zum Flugzeugführer und wurde Feldwebel bei der Luftwaffe. Wegen Sabotage oder nach Auffliegen seiner illegalen Gruppe wurde er verhaftet. Beim Transport zum Militärgericht in München konnte er fliehen und schloss sich den Tito-Partisanen an.
 
Kurz vor dem 3. Mai 1945 war er als Partisan der »Osvobodilna Fronta slovenskega naroda« Befreiungsfront des slowenischen Volkes) nach Celovec (Klagenfurt) gekommen. Sie „besetzten“ die Stadt, in dem sie Quartiere suchten und einheimischen Kommunisten halfen, die Partei wieder aufzubauen. Schließlich gelangte er mit Hilfe von Repatriierungsorganisationen bis nach Prag, wo er deutschen Antifaschist*innen half, wesentlich mehr Habseligkeiten bei der Übersiedlung in die sowjetische Besatzungszone mitzunehmen als erlaubt. Sein Motto waren Goethes Worte: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
 
Nach dem Krieg studierte Edmund Hünigen in Prag und arbeitete an einem Forschungsinstitut für Kraftfahrzeuge. Nach den sogenannten Slansky-Prozessen, die unter dem Vorwand einer trotzkistisch-titoistisch-zionistischen Verschwörung der stalinistischen Parteisäuberung dienten, wurde Edmund Hünigen aus der Partei ausgeschlossen, weil er bei den Tito-Partisanen gekämpft hatte. Er musste in die DDR übersiedeln, wo er an der Akademie der Wissenschaften eine Stelle fand. Edmund Hünigen starb 2018.