Wir trauern um Hanna Podymachina

23. April 2013

Hanna Podymachina
(* 26. Februar 1924 in Berlin; † 16. April 2013 in Berlin)

 

Für mich, Hanna Podymachina, geb. Bernstein (mein Pseudonym in der Emigration war Bauer), endete der Zweite Weltkrieg schon am 13. April 1945. An diesem Tag nahm die 3. Ukrainische Front der Sowjetarmee die Hauptstadt Österreichs Wien ein. In den Reihen der 3. Ukrainischen Front kämpfte ich im Range eines Leutnants von herbst 1942 vor der Einkesselung der Paulus-Truppen bei Stalingrad und als Oberleutnant ab Sommer 1943 bis April 1945 bei der Einnahme von Wien. Mein Weg führte mich dabei über das Don-Becken, die Ukraine, die Moldauische Republik, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Ungarn bis nach Wien.

Hanna Podymachina vor Stalingrad

Hanna Podymachina vor Stalingrad

Zu meinen Aufgabengebieten gehörte das Verfassen von Flugblättern, Dolmetschen bei Verhören von Überläufern oder Gefangenen und die Tätigkeit als Sprecher von Sendungen für die gegnerischen Truppen. Dabei sendeten wir von der vordersten Frontlinie aus einem Lautsprecherwagen und im Sommer 1943 auch aus einem 2-sitzigen Doppeldeckerflugzeug mit Lautsprecheranlage, mit dem wir nachts feindlichem Gebiet kreisten. Für den Flugzeugeinsatz wurde ich mit der Tapferkeitsmedaille an der Front ausgezeichnet.

Von der endgültigen Kapitulation Hitlerdeutschlands erfuhr ich in einem Wiener Krankenhaus , in dem ich wegen einer schweren Malaria lag, die ich mir in den Sümpfen Bessarabiens 1944 zugezogen hatte. Am 9. Mai erschien die „Österreichische Zeitung“, in der mein Vater Rudolf Bernstein (Pseudonym in der Emigration ebenfalls Bauer), Hauptmann der Roten Armee seit 1943, als Redakteur arbeitete, mit dem Aufmacher auf Seite 1 „Der Krieg ist zu Ende“, der Untertitel lautete: „Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte“.

Für mich als gerade 21Jährige, ergab sich durch das Kriegsende die Möglichkeit, den Teil meiner Familie, der bei unserer Emigration 1934 in Deutschland verblieben war, wieder zu sehen und am Wiederaufbau eines friedlichen Deutschland teilzunehmen. Als Mitarbeiterin in der sowjetischen Militäradministration in Deutschland arbeitete ich von 1945 bis 1949 unter Oberst Tulpanow mit bei der Umgestaltung und Demokratisierung meines Heimatlandes.

Quelle: DRAFD

Weitere Infos zu Hanna Podymachina:

  • Gestorben: Hanna Podymachina; Nachruf in der jungen welt vom 18.04.2013
  • Die Rotarmistin aus Berlin. Der lange Weg der Hanna Podymachina von Stalingrad bis Wien; Beitrag im neuen deutschland vom 11.03.2010
  • Wir waren »Zersetzer«; antifa-Gespräch mit Hanna Podymachina, die in der Sowjetarmee kämpfte; in antifa 5-6/2009, Seite 5
  • Die Deutsche in der Roten Armee. Hanna Podymachina, DDR-Chefdolmetscherin in Moskau; Radiosendung vom 19.10.2008