8 i 9 maja 1945

14. April 2016

Bedingungslose Kapitulation Nazideutschlands, Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus und Tag des Sieges

 

Als in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst Vertreter des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht vor den Vertretern der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition die offizielle Urkunde über die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet hatten, war ein verbrecherisches System zerschlagen worden, dessen Weltherrschaftspläne, Herrschaftspraxis und Rassenwahn die menschliche Zivilisation generell in Frage gestellt hatten.

 

Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges ist eine Bilanz des Schreckens. Mehr als 60 Millionen Menschen starben bei Kampfhandlungen, durch Repressalien, Massenvernichtungsaktionen und Kriegseinwirkungen. Von den 18 Millionen Menschen, die das Naziregime in Konzentrationslager verbrachte, wurden elf Millionen ermordet oder durch Arbeit vernichtet. Unfassbar der industrielle Massenmord an sechs Millionen europäischer Jüdinnen und Juden, die – wie auch Sinti und Roma – dem Rassengenozid zum Opfer fielen. In Deutschland mussten fast acht Millionen und in Japan über zwei Millionen Menschen aus den eroberten Ländern Zwangsarbeit leisten. Mit über 27 Millionen Menschen hatte die Sowjetunion die mit Abstand größten Verluste zu beklagen. China zahlte mit 15 Millionen, Polen mit sechs Millionen, Jugoslawien mit 1,7 Millionen, Frankreich mit etwa 800.000, die USA und Großbritannien mit jeweils 400.000 und Italien mit 300.000 Toten ebenfalls einen hohen Blutzoll. Der Sieg über den deutschen Faschismus und die Befreiung Europas bleiben eine Leistung aller Verbündeten in der Anti-Hitler-Koalition. Nur in einer gemeinsamen Anstrengung konnte die menschliche Zivilisation vor einem Terrorregime gerettet werden, das vor keinem Verbrechen zurückschreckte. Die Bedrohung führte Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und Menschen unterschiedlichster Weltanschauung und politischer Orientierung zusammen. Die Lieferungen von Waren, Waffen und Ausrüstungen halfen der Sowjetunion, dem Druck des hochgerüsteten Aggressors standzuhalten. Die lang erwartete und hinausgezögerte zweite Front verkürzte die letzte Phase des Krieges in Europa erheblich. An der Seite der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition kämpften Partisanen_innen und Widerstandskämpfer_innen in allen okkupierten Gebieten für die Freiheit ihrer Länder. Deutsche Antifaschist_innen reihten sich ebenfalls in die Armeen der Anti-Hitler-Koalition und in die Partisanen- und Widerstandsgruppen ein. Nicht vergessen werden dürfen die mutigen Frauen und Männer, die aus den unterschiedlichsten Motiven unter ständiger Lebensgefahr im Deutschen Reich Widerstand gegen das Naziregime leisteten. Diese verschwindende Minderheit verkörperte die immer wieder enttäuschten Hoffnungen auf ein anderes Deutschland. Die Hauptlast im Kampf gegen Nazi-Deutschland trug die Sowjetunion. Sie hatte den entscheidenden Anteil am Sieg. Die Ostfront war die Hauptfront des Zweiten Weltkrieges. Lange bevor endlich die zweite Front eröffnet wurde, hatten sowjetische Soldat_innen den Feind vor Moskau gestoppt, in Stalingrad und im Kursker Bogen die Wende des Krieges erzwungen.

 

Der Preis für diese Leistung war hoch. Über elf Millionen sowjetische Soldat_innen ließen dafür an der Front ihr Leben. Mehr als 13 Millionen Zivilpersonen wurden getötet oder starben unter den unmittelbaren Kriegseinwirkungen. Belorussland verlor ein Viertel seiner Einwohner_innen. In Städten wie Leningrad, Smolensk oder Pskow überlebten ein Drittel der Einwohner_innen die Kampfhandlungen nicht. Der deutsche Aggressor hinterließ eine Spur der „verbrannten Erde“: 1.710 Städte und 70.000 Dörfer, 31.800 Industriebetriebe, 13.000 Brücken und 65.000 Kilometer Eisenbahnnetz zerstört, gesprengt oder niedergebrannt.

 

Der Krieg war im April 1945 an seinen Ausgangspunkt zurückgekehrt. In Berlin waren mit der „Machtergreifung“ im Januar 1933 die Weichen für die „Neuordnung Europas“ gestellt worden. Von hier aus wollte sich ein „Tausendjähriges Reich” über die versklavten Völker erheben. Dem Terror nach innen folgte der Terror nach außen. Die Revision des Versailler Vertrages war das Vorspiel zur Eroberung von „Lebensraum“ und Rohstoffquellen, die den planmäßigen Völkermord einschloss. In Berlin befanden sich die Kommandozentralen des verbrecherischen Naziregimes.

 

Hier fielen die Entscheidungen für die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges, für den „Fall Barbarossa“ und den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion sowie zur „Endlösung der Judenfrage“.

 

Der 8. Mai 1945 markiert das Ende der nazistischen Diktatur. Mit ihm endeten die Durchhalteparolen und die Illusion vom „Endsieg“. Mit ihm endete auch die systematische Vernichtungspolitik der Nazis. Für Millionen von KZ-Häftlingen, Zwangsarbeiter_innen, Widerstandskämpfer_innen, Sinti und Roma, politischen Gegnern und sonstigen „Feinden“ war die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung. Während in der DDR der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus gefeiert wurde, blieb er für die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft eher ein unbequemes Datum. Dort war er kein offizieller Gedenktag. Im Vordergrund stand die Erinnerung an „Flucht und Vertreibung“.

 

Obwohl das besiegte Deutschland bereits am Abend des 8. Mai 1945 gegenüber den Truppen der Sowjetunion kapitulierte, wurde die Siegesmeldung erst einige Stunden später, um 2.10 Uhr morgens über Radio Moskau bekannt gegeben. Zusammen mit der Meldung von der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches erklärte das Präsidium des Obersten Sowjet den 9. Mai zum landesweiten arbeitsfreien Feiertag zu Ehren des Sieges über Nazideutschland. Seitdem wird der 9. Mai in vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion als „Tag des Sieges“ gefeiert.